Historie

Historie

Geschichte des Pfefferminzbähnels und des Bahnhofs in Harthausen

Der Plan, eine Eisenbahn durch das Gäu zu bauen, rührt schon vom Jahr 1873 her. Im Laufe der Zeit wurden viele Linien von verschiedenen Interessensgruppen vorgeschlagen. Das erste und ursprüngliche Projekt sah eine Vollbahn (Regelspurweite 1435 mm) von Neustadt nach Germersheim vor. Es wurde eine Kommission für das Projekt gewählt, die die Bauplanung vorbereiten und die erforderlichen Genehmigungen bei der Kgl. Regierung in München einholen soll. Das Projekt wurde zunächst der „Direction der Pfälzischen Bahnen“ in Ludwigshafen vorgestellt.

1888 brachten der Tabak-Großhändler Grohé  und der Oekonomierath Velten eine Bahnstrecke von Speyer nach Edenkoben ins Spiel. Auch eine Verlängerung bis Flemlingen wurde später ins Auge gefasst.

1890 wurde für das Projekt Neustadt – Germersheim ein „Comitée zur Betreibung des projectirten Bahnbaus mit dem Rechte der Cooption“ konstituiert. Unterstützt wurden die Bemühungen durch die pfälzischen Abgeordneten im bayerischen Landesparlament, Dr. Eugen Buhl, Dr. Deinhard und Bezirksamtmann Ott.

Am 5. Februar 1892 erhielt der Vorsitzende des Comitées von der Hohen Kgl. Regierung  in München die Genehmigung zur Vornahme von Projektierungsarbeiten.
Auch der Linie Edenkoben – Speyer wurde die Projektierung zugestanden.

Die Kreishauptstadt Speyer hielt sich bei den Projekten sehr zurück, was ihr heftige Kritik in der Presse einbrachte. „Speyer, wache auf!“ und „Speyer schläft“ schallte es den Stadtoberen entgegen.

Am 6. Januar 1896 erfolgte eine Petition an die „Hohe Kammer der Abgeordneten in München“ mit der Bitte „um Erbauung einer Bahnlinie Neustadt an der Haardt-Geinsheim-Germersheim“. Hierin wurden die Vorteile für die Bevölkerung und die Kosten für den Bau dargelegt. Am 20. Mai erhielt das Comitée die Mitteilung, dass das Projekt keine Aussicht auf Verwirklichung hat. Man befürchtete negative Folgen für die bestehenden Linien.

Am 25. Februar 1897 kam die Bewilligung für eine schmalspurige Lokalbahn von Speyer über Dudenhofen, Harthausen, Schwegenheim, Weingarten Freisbach, Gommersheim Böbingen nach Geinsheim in Edenkoben an.

Da der zuständige Minister für Verkehrsangelegenheiten von Crailsheim für das Projekt einer Vollbahn von Neustadt nach Germersheim nicht gewonnen werden konnte, schlug der Direktor der Pfälzischen Eisenbahnen, der Kgl. Geheime Rath Carl Jakob von Lavale als neues Projekt den Bau einer schmalspurigen Lokalbahn von Neustadt nach Speyer vor. Weder eine Vollbahn noch die Lokalbahn von Edenkoben nach Speyer konnten eine ministerielle Zustimmung erwarten. Der Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Friedrich Exter warb in Speyer erfolgreich für von Lavales Plan und für ein gemeinsames Vorgehen der Städte Neustadt und Speyer. Damit war der Plan einer Vollbahn Neustadt Germersheim aufgegeben.

Gommersheim setzte sich jedoch weiterhin für die Vollbahn Edenkoben – Speyer ein.

Der Speyerer Landtagsabgeordnete Dr. Eugen Jäger, dessen Vorfahren aus Harthausen stammen, gab dem Projekt Neustadt – Speyer die größten Erfolgsaussichten. Die Bürgermeister von Dudenhofen, Martin Grundhöfer, und Harthausen, Franz Josef Keller, hätten sich lieber eineVollbahn gewünscht, sind aber auch mit der Secundärbahn (Schmalspurbahn mit 1000 mm Spurweite) zufrieden. Die anderen Dörfer bis Geinsheim widersetzten sich dem Projekt. Starker Gegenwind kam von den Gemeinden des Amtsbezirks Edenkoben, unter anderem Gommersheim und Freisbach sowie von der Stadt Edenkoben. Harte verbale Auseinandersetzungen erfolgten in der enttäuschten Presse.
Gommersheim hing weiterhin der Linie Neustadt – Germersheim an. Weingarten war aus finanziellen Gründen grundsätzlich gegen eine Bahn.

In verschiedenen Zeitungsartikeln wurden Behauptungen aufgestellt, widersprüchliche Angaben korrigiert und wieder dementiert.

Auch das Projekt einer schmalspurigen Lokalbahn Neustadt – Geinsheim als Fortsetzung der Bahn von Speyer nach Geinsheim wurde am 12. August 1897 genehmigt. Ein Ziel der Projektierung war, dass die Orte durch die Bahnlinie nicht durchschnitten werden sollen, weshalb die Haltestellen an die Ortsränder gelegt wurden.

Am 6. August 1898 stellte von Lavale den Vertretern der Gemeinden an der geplanten Schmalspurbahn Speyer – Geinsheim das Projekt vor. Die Kosten für das 19,54 km lange Teilstück wurden auf 928 000 Mark veranschlagt, die ganze Strecke von 29,57 km würde 1 224 000 Mark kosten. Die Gemeinden mussten das Gelände für die Bahn kostenlos zur Verfügung stellen. Weingarten stand bis dato „dem Project nicht sympathisch gegenüber.“
Die entsprechende Entschließung ging von der Kgl. Regierung an die Gemeinden, damit die entsprechenden Beschlüsse gefasst werden konnten.

1899 kauften die Gemeinden außer Dudenhofen und Weingarten die notwendigen Grundstücke. Für Dudenhofen und Weingarten trat Speyer beim Erwerb in Vorleistung. Dafür wurde für die beiden Gemeinden keine Haltestelle eingeplant.

Am 24. Februar 1900 bewilligte die Abgeordnetenkammer den Bau der Schmalspurbahn Speyer – Geinsheim. Am 16. März 1900 diskutierte der Bayerische Landtag über die Lokal- und Pfalzbahnen und genehmigte am 29. März das entsprechende Gesetz.

In einer Bürgerversammlung am 26. März in Weingarten sprach sich die Mehrheit der Bürger für den Bau einer Station aus. Eine Abordnung soll bei der Direktion in Ludwigshafen vorstellig werden.

1901 wurden verschiedene Änderungswünsche betreffend Trassenverlauf und Stationsausbau vorgebracht, wodurch sich der Zeitplan nicht unerheblich verzögerte. Die Änderungen, die Vereinfachungen und Kostenersparungen betrafen, wurden vom Ministerium in München genehmigt.

Im Januar 1903 erklärte sich der Gemeinderat in Weingarten bereit, Mittel zum Geländekauf bereit zu stellen. Unter Bedingungen wollten sie die vorgestreckten Gelder (5000 Mark) an Speyer zurückzahlen.

Die Genehmigung zum Bau und Betrieb der Lokalbahn, Gäubahn genannt, Speyer – Neustadt wurde im ersten Abschnitt „mit Allerhöchster Konzessionsurkunde vom 2. Juli 1903 No 4892 II“ zunächst nur bis Geinsheim erteilt. Die Konzessionsnehmerin, die Aktiengesellschaft der Pfälzischen Ludwigsbahn, musste sich bei den Vermessungsarbeiten lange mit hartnäckigen Grundstückseigentümern auseinandersetzen. Markierungpfähle wurden in Nacht- und Nebelaktionen versetzt oder entfernt, wodurch sich die Arbeiten verzögerten. Der Grund der Proteste war laut Bekanntmachung vom 18. Mai 1904 die gebotene Entschädigung, die den Grundstückseigentümern zu gering war. Schätzungstermine mussten abgehalten werden, weil eine Vereinbarung zwischen Grundstückseigentümern und Pfalzbahn nicht zustande kam.

Dudenhofen wollte sich immer noch nicht an den Kosten für den Landerwerb beteiligen und zog sich den Zorn der Kreishauptstadt zu: „Wir Speyerer sagen uns mit vollem Recht, wird ein Entgegenkommen unsererseits mit erneuten Bedingungen erwidert, dann brauchen wir auch weiter keine Rücksichten zu kennen. Fahren wir jahrelang den betr. Gemeinden an der Nase vorbei, ohne Anhalten, so wird sich die Nachwelt sicher bei ihren Vorfahren über die geübte Rücksichtslosigkeit bedanken können, besonders noch, wenn, was unausbleiblich ist, die heutigen Gegner mit Gefolge auch zahlen müssen.“

Am 1. Mai 1903 soll mit dem Bau der Lokalbahn Speyer – Geinsheim begonnen werden. Die Gebäude wurden nach einem einheitlichen Plan für alle Haltestellen errichtet. Im Erdgeschoß waren die Abfertigungs- und Warteräume, im Obergeschoß die Wohnräume für den Bahnhofsvorstand.

Bis September 1904 waren die Rohbauarbeiten der Gebäude fertig, bei den Erdarbeiten kam man nur bis Harthausen voran. Immer wieder wurde der Wunsch nach einem Ausbau in Normalspur laut.
Das Kgl. Staatministerium für Verkehrsangelegenheiten verweigert Dudenhofen eine Haltestelle bis die erforderlichen Grunderwerbskosten getätigt sind.
Nach einer Kostenaufstellung 1904 kostet die Haltestelle Harthausen mit angebautem Güterschuppen, Aborthäuschen, Waschküche und Lampenraum 11 304,40 M.

Im Frühjahr 1905 wurde über den Fahrplan diskutiert. Mit der Lokalbahn sollte der erste Zug ab Speyer um 4.30 Uhr erreicht werden. Entsprechend früh musste der Zug von Geinsheim abfahren.

Am 21. Juli 1905 war die Gäubahn fertig gestellt. Es standen nur noch Restarbeiten an den Bahnhöfen an.
Probefahrten auf der neuen Strecke erfolgten mit honorigen Teilnehmern am 27. Juli und 16. August.

 Schließlich konnte die Lokalbahn am Samstag, den 26. August 1905 eröffnet werden. Der erste Zug startete 4.15 Uhr in Geinsheim Richtung Speyer. Die Schmalspurbahn hatte eine Spurbreite von einem Meter, auf der 19,54 km langen Teilstrecke lagen die Bahnhöfe Geinsheim, Gommersheim, Freisbach, Weingarten, Schwegenheim, Harthausen und Speyer Lokalbahnhof. In Dudenhofen fuhren die Züge zunächst durch.

Für die Lokalbahn standen drei Lokomotiven, drei Post- und Gepäckwagen, drei Personenwagen mit Abteilen zweiter und dritter Klasse, fünf Personenwagen dritter Klasse, vier gedeckte, sechs offene Güterwagen, ein Paar Schemelwagen für Langholztransporte und zehn Rollschemel zur Beförderung von normalspurigen Wagen zur Verfügung.

Post wurde in drei Zügen befördert. Die Rückfahrkarte von Harthausen nach Speyer kostete 40 Pfennig. Der erste Zug beförderte 6 Personen, der zweite war besser besetzt.

Die Direktion der Pfälzischen Eisenbahnen beklagte in ihrem Jahresbericht den „mäßigen Personen und Güterverkehr“ und bemängelte, dass „ein nicht unerheblicher Teil der Betriebskosten ungedeckt bleibt.“ Sie ist skeptisch, dass eine Besserung nach der Durchführung der Linie bis Neustadt eintreten würde.

Ab September 1907 wird die Strecke von Geinsheim nach Neustadt weiter gebaut. Sie wird am 31. Oktober 1908 fertig gestellt.
Ab Neustadt betrugen die Fahrpreise nach Harthausen:
2. Klasse 120 Pf., 3. Klasse 80 Pf., 4. Klasse 50 Pf., Militär 20 Pf.

Den Namen „Pfefferminzbähnel“ erhielt die Gäubahn nach der Fertigstellung, da in einigen Orten entlang der Bahnlinie viel Pfefferminz angebaut und dieser mittels der Bahn zu den Märkten nach Speyer und Neustadt gebracht wurde.

Am Anfang herrschte große Euphorie und Neugierde auf die neue Verkehrsverbindung. Bei Fahrten zu den Dorffesten und Veranstaltungen waren die Waggons oft überfüllt.
Verspätungen verursachten zunehmend Maschinendefekte und Materialverschleiß. Aber auch Unfälle wurden vermerkt. Neben Zusammenstößen mit Straßenverkehrsteilnehmern und Personenunfälle gab es auch Entgleisungen wegen Schienenbrüchen und überhöhter Geschwindigkeit. Ein Schwachpunkt waren die Rollschemelwagen, die wegen des ungünstigen Schwerpunktes in den Kurven leicht umkippten.
Bei der Direktion gingen öfter Beschwerden ein wegen unbeheizter Warteräume oder kalter Waggons.

Am 11. Oktober 1915 genehmigte der Gemeinderat Dudenhofen den von Speyer verlangten vorgestreckten Betrag für den Geländekauf. Am 1. Juni erhält Dudenhofen eine Haltestelle, die Wartehalle musste der Ort jedoch auf eigene Kosten erstellen. Sie wurde erst 1921 fertig.

1920 gingen mehr und mehr Klagen bei der Ludwigshafener Direktion ein. Der Tenor war: „Die Gäubahn ist ein Pfuschwerk“.
Konkret wurde moniert (Anmerkungen und Begründungen der Bahn):
– die Haltestelle ist zu weit vom Ort entfernt (in Neustadt 30 min Fußweg zum Hauptbahnhof)
– kein Licht und zu kalt auf den Bahnhöfen (Birnen wurden geklaut, kein Geld für Heizmaterial))
– steigende Fahrpreise (Beginn der Inflation)
– überfüllte Waggons
– keine Kontrolle durch Aufsichtsbehörde

In umfangreichen Petitionen wurden die Vorteile der Bahn herausgehoben, einen Umbau in eine Vollbahn lehnte das Ministerium jedoch stets ab.
Noch 1949 wurden die Zweigleisigkeit und eine Vollbahn gefordert.

1952 erhält die Deutsche Bundesbahn die Konzession für eine Buslinie Speyer – Neustadt.
Ab 1. März 1953 ersetzen Bahnbusse teilweise die Bahnfahrten.
Die Busse erhielten nicht immer Zuspruch, da das Platzangebot zu gering war. Die Forderung nach einem Vollspurausbau der Gäubahn keimte erneut auf.

Schreiben der Bundesbahndirektion Mainz an das Verkehrsministerium Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 1954:
Die Gäubahn ist durch die Verkraftung (Ersetzung durch Bahnbusse) unwirtschaftlich geworden, man sei zu deren Stilllegung entschlossen. Es wird aber die Bedeutung der Schmalspurbahn bei deren Betriebsbeginn gewürdigt.

Die politischen Stellen sind gegen eine Stilllegung, sie wollen die Bahn gegen Auflagen zur verkehrstechnischen Versorgung des Gäu erhalten. Auch die Zuckerrübenpflanzer wehren sich gegen eine Stilllegung des Pfefferminzbähnels.

Ab 1955 verkehrt nur noch ein Zugpaar auf der Gäubahn.

Am 2. Juni 1956 fährt der letzte Zug.

Gegenüber der Eröffnung fand die „Beisetzung“ des Gäubähnels nicht in aller Stille statt. In einem Triumphzug absolvierte die letzte Bahn die Strecke. Ein Mann im Zylinder hielt als „genialster Wagenputzer von Neustadt und Umgebung“ an jeder Station eine „Trauerrede“.
Der Chronist sagt: „In Harthausen erwartete das halbe Dorf sein Gaubähnel. Hier stiegen sogar die Ordensschwestern mit der Dorfjugend ein zur letzten Fahrt; sie fuhren mit bis Schwegenheim und gingen den herrlichen Waldweg zwischen den beiden Ortschaften zu Fuß zurück.
Harthäuser Bäuerinnen mit bunten Kopftüchern reichten der Trauergemeinde Wein, und sogar die Dorfälteste, gebeugt über ihren schönen messingbeschlagenen Stock, ließ es sich nicht nehmen, ein letztes Mal zu winken.“

Bis 26. September 1956 wurden noch Zuckerrüben auf der Strecke Neustadt Lokalbahnhof – Harthausen abgefahren. Die Harthausener Gleise wurden ab Anfang März 1957 abgebaut.

Eine ausführliche Chronik über das Pfefferminzbähnel ist im Buch „Die Geschichte des Pfefferminzbähnels“ von Hans-Ulrich Kroszewski zu lesen. Es kann über den Hekma-Verlag (www.hekma-verlag.de), Mühlstraße 30, 67487 Maikammer bezogen werden.

Quellen:
„750 Jahre Harthausen“, Hrsg. Gemeinde Harthausen, Redaktion: Kurt Keller

Hans-Ulrich Kroszewski: Die Geschichte des „Pfefferminzbähnels“, Juli 2009, Hekma-Verlag, Maikammer

Der Bahnhof in Harthausen

Nach der Stilllegung der Gäubahn gab die Deutsche Bundesbahn die Grundstücke, auf denen die Gleise lagen und die Gebäude standen, an die einzelnen Gemeinden zurück. Diese hatten die Areale für den Bau der Bahn unentgeltliche zur Verfügung stellen müssen. Für die Entsorgung der Bahnkörper mussten wieder die Gemeinden aufkommen. Die Gleise wurden herausgerissen und das wertvolle Eisen zu Geld gemacht. Auch die Schwellen wurden verkauft. Den Schotter nutzen die Harthäuser für den Feldwegebau. Das Gelände, auf denen die Gleise lagen, erhielten die Bauern als Ackerland zurück.

Die Bahnofsgebäude wurden entweder in dem Zustand, in dem sie waren, verkauft oder es wurden die Abfertigungsräume zu Wohnraum umgebaut und danach das Gebäude veräußert. Die meisten ehemaligen Bahnhöfe der Strecke sind noch an der Kubatur zu erkennen. In Harthausen waren die Bestrebungen, den Bahnhof für die Gemeinde nutzbar zu machen.

In dieser Zeit kamen viele Kriegsflüchtlinge und Heimatvertriebene in die Bundesrepublik. Wohnraum war oft noch knapp, so dass vorhandener Wohnraum, der nicht in Privatbesitz war, genutzt wurde, um die Neuangekommenen unter zu bringen. Eugen Becker war der letzte Bewohner der Dienstwohnung im Bahnhof Harthausen. Er zog nach der Steckenstilllegung in ein eigenes Haus in der Schönbrückstraße. So wurde eine fertige Wohnung frei, in die eine Familie einziehen konnte. Unter anderem wohnte darin die nach Harthausen geflüchtete Schriftstellerin Katharina Mattich mit ihrem Mann. In den 70er Jahren wurde auch das Erdgeschoß, wo sich die Abfertigungsräume befanden, nach Plänen des Harthäuser Architekten Willi Hofstetter zu Wohnungen umgebaut. Zunächst war es eine große Wohnung, später wurden die Räume in zwei kleinere Einheiten geteilt. Im Bahnhof wurden hauptsächlich Bedürftige und Sozialhilfeempfänger untergebracht.

Spätere Kaufangebote für den Bahnhof und dessen Umnutzung wurden stets vom Gemeinderat abgelehnt. Nachdem das daneben befindliche Feuerwehrgerätehaus zu klein wurde, sollte es zum Bahnhof hin erweitert werden. Die Nebenanlagen (Lagerschuppen und Klohäuschen) wurden abgerissen. Wegen einer Baulast erwies sich die geplante Erweiterung jedoch als nicht durchführbar.

Der Kultur- und Heimatverein meldete beim Bürgermeister Interesse am Bahnhofsgebäude an. Man wollte Archiv- und Veranstaltungsräume einrichten und das Gebäude in seiner alten Form in Backsteinoptik erhalten. Dem Verein wurden das obere Stockwerk zur Nutzung überlassen. Die ersten Arbeiten begannen mit dem Säubern der Räume und dem Entfernen der alten Tapete. Als vordringlichste Arbeiten wurde die Sanierung des maroden Daches erachtet.

2002 wurde ein erstes Nutzungskonzept erstellt. 2005 wurde dem Bürgermeister, dem Beigeordneten und Mitgliedern des Gemeinderats im Bahnhof die Pläne des Vereins vorgestellt. Für die vorgesehene Nutzung wollten sich alle einsetzen. Die Verwaltung wurde mit der Anforderung von Zuschüssen beauftragt. Dies blieb bisher jedoch erfolglos. Auf Grund von Querelen mit dem Bewohner im Erdgeschoß stellte der Verein die Arbeiten ein.

2010 stimmte der Gemeinderat mehrheitlich für den Erhalt des Bahnhofs für die Bürger und die Gemeinde. Die Vereinsmitglieder nahmen die Renovierungsarbeiten wieder auf und pflegten die Außenanlagen. 2012 beschaffte Andreas Heck im Namen des Kultur- und Heimatvereins Gleise und zwei Prellböcke. Arbeiten in den Innenräumen erfolgten, oft aus Zeitgründen, nur noch sporadisch.

Die Verwaltung erhielt neue Planungsunterlagen für Zuschussanträge. Doch wiederum flossen keine Gelder. Im Haushalt der Gemeinde wurden lange Jahre Gelder für die Sanierung eingestellt. Wegen der fehlenden Zuschüsse, die nur vor dem Aufbau fließen, konnten diese Mittel nicht abgerufen werden.

2014 errichtete der Kultur- und Heimatverein auf eigene Kosten eine Zaunanlage, die den provisorischen Bauzaun ersetzte. Der Gemeinderat beschloss die Teilfortschreibung des Dorfentwicklungsplanes, der für den Zuschussantrag notwendig war.

2016 wurde ein Denkmalschutzkonzept erstellt. Der Rat stimmte dem Planungskonzept, das einen Umbau des Bahnhofs zu einem Kulturbahnhof vorsah, mehrheitlich zu. Weiterhin erfuhr die Gemeinde keine Unterstützung durch die Bauabteilung der Verwaltung. 2019 strich sie die Sanierungsmittel aus dem Haushalt.

2020 erhielt der Kultur- und Heimatverein das Bahnhofsgebäude samt Gelände in Erbbaurecht. Ab November 2020 begannen verschiedene Vereinsmitglieder unter Leitung von Andreas Heck mit den Bauarbeiten am Gebäude und den Außenanlagen. Der Baufortschritt kann auf der Webseite (www.khv-harthausen.de/khv) im Bautagebuch verfolgt werden.

Einen Beitrag über den Bahnhof hat auch Kurt Keller veröffentlicht, der in der Hompage der VG unter folgendem Link eingesehen werden kann:
https://www.vgrd.de/kultur-freizeit/kultur-im-oeff-bereich/harthausen/kulturweg/bahnhof/